Garten,  Nachhaltigkeit

Gärtnern im Klimawandel

Gärtnern im Klimawandel stellt uns vor Herausforderungen. Pauschal zu sagen, wir müssen uns auf Hitze einstellen und die Bepflanzung entsprechend anpassen, ist zu einfach. Im letzten Jahr war es nämlich nur partiell sehr warm und trocken. Das war im Frühjahr. Als der Sommer kam, kamen viele Regenfälle und so manch einer stellte fest, dass die an Hitze angepassten Pflanzen damit auch nicht zurecht kamen. Und mir wurde klar: Gärtnern im Klimawandel bedeutet vor allem, dass man auf Extreme eingestellt sein muss. Der Garten muss  große Hitze und Kälte, Stürme und starke Niederschläge aushalten können. Die Pflanzen müssen stark sein und sich gegen Schädlingsbefall und Krankheiten behaupten.

Hitze und Starkregen laugen die Böden aus. Die Humusschicht verringert sich und die Bodenlebewesen ziehen sich in tiefere Schichten zurück oder sterben ab. Die obere Bodenschicht wird durch die Hitze hart und starke Regenfälle können nicht so schnell versickern. Auch versiegelte Flächen sorgen dafür, dass Wasser nicht versickern kann. Im letzten Jahr mussten selbst bei uns in der Gegend viele Keller ausgepumpt werden.

Hitze ist nicht nur für uns Menschen anstrengend. Auch für Pflanzen kann Hitze zum Stressfaktor werden. Trockene Perioden wirken sich auch auf die Bäume aus, die dann den Stürmen nicht mehr gewachsen sind. Und die Bäume fehlen dann wieder als Schattenspender, wenn die Hitze da ist.

Durch das Insektensterben steigt die Population von Schadinsekten stark an, denn ihre natürlichen Fressfeinde sterben aus. Durch Nährstoffmangel, Trockenheit und große Temperaturschwankungen werden Pflanzen geschwächt und sind anfälliger bei einem Befall von Schadinsekten.

Viele Probleme also, die das Gärtnern im Klimawandel zur Herausforderung werden lassen. Aber was gibt es für Möglichkeiten? Ich möchte hier ein paar vorstellen.

Regenwasser

Wasser wird in einigen Regionen Deutschlands in den nächsten Jahren zu einer wichtigen Ressource werden. Das Wässern von Gärten mit Leitungswasser wird dann zu einem Problem. Wir haben aber auf unseren Grundstücken Dachflächen, die viel Regenwasser ableiten und dies sollte man nicht verschenken. In unserer Gemeinde ist es untersagt, das Regenwasser auf das öffentliche Straßenland und somit in die Kanalisation abzuleiten. Bei Neuanlagen würde ich persönlich immer dazu raten, gleich in eine Zisterne, also ein unterirdisches Auffangbecken, zu investieren. Da kann man große Mengen Wasser unterirdisch auffangen. Sonst gibt es die Möglichkeit, Regentonnen aufzustellen. Bei beiden Varianten sollte man aber einen Überlaufschutz haben. Sollten also Zisterne oder Tonne voll sein, sollte die Möglichkeit bestehen, das Wasser weiter abzuleiten. Zum Beispiel in Form eines Drainagerohres, das mit einem Kiesbett vergraben wird und überschüssiges Wasser zuverlässig versickern lässt.

Gärtnern im Klimawandel- Regenwasser auffangen
Regenwasser auffangen

Es gibt aber auch die Möglichkeit, Regenwasser in einem Teich oder in Senkflächen aufzufangen. Hier können sehr hübsche Biotope geschaffen werden. Während im Teich das Wasser gezielt gehalten wird, sammelt es sich in Senkflächen und versickert nach und nach. In Senkflächen wachsen vor allem Pflanzen gut, die mit Feuchtigkeit und Trockenheit zurecht kommen, zum Beispiel Blutweiderich, Mädesüss oder Baldrian.

Windfänger

Stürme machen uns immer mehr zu schaffen. Einen Schutz für den Garten kann hier eine strategisch gut angelegte Hecke aus Wildsträuchern bieten. Solche Hecken sind oft gut verwurzelt und wachsen zu einem Dickicht zusammen. Während blickdichte Zäune oft nach Stürmen beschädigt sind, halten Hecken so etwas gut aus, weil der Wind sich in dem Dickicht fängt. Nimmt man heimische Wildsträucher, hat man oft Pflanzen, die auch mit Durststrecken gut zurecht kommen können.

Dach- und Fassadenbegrünung

In Städten ist es oft um einige Grad wärmer als auf dem Land. Dies liegt an dem hohen Verdunstungsgrad auf versiegelten Flächen. Zu den versiegelten Flächen gehören auch die Fassaden und Dächer. Während ich bei einem Hausdach bei günstiger Ausrichtung immer für die Nutzung von Solarenergie wäre, könnte man aber bei Carport, Garage, Schuppen oder Laube über eine Dachbegrünung nachdenken. Hier werden oft pflegeleichte Pflanzen gewählt, die gut allein zurecht kommen. Meine Großeltern haben ihr Garagendach in den 80zigern begrünen lassen. Alle zwei Jahre müssen hier mal Baumpflanzungen des Eichelhähers verhindert werden. Ansonsten hält das Dach seitdem und ist sich selbst überlassen. Hier musste nie etwas repariert werden, während sonst Flachdächer sehr reparaturanfällig sind. Eine Dachbegrünung scheint mir eine sinnvolle Alternative zu sein.

Gärtnern im Klimawandel
Gelungene Dachbegrünung Foto: G. Schiemann

Fassadenbegrünung hat einen schlechten Ruf. Haftwurzeln machen die Fassade kaputt und dann auch noch die vielen Spinnen, die man dann im Haus hat. Wusstet ihr, dass Ameisen auf Hitze stehen? Im Garten muss man nur Gehwegplatten anheben und findet sicher Ameisen. Sie brauchen die Wärme für ihre Brut. Daher ziehen Ameisen auch gerne mal in Häuser. Wenn sie dort noch irgendwo angegriffenes Holz finden, haben sie perfekte Bedingungen. Es gibt also immer irgendwelche Insekten, die versuchen werden, bei euch einzuziehen. Eine Fassadenbegrünung ist eine sinnvolle Maßnahme in Sachen Klima, denn im Sommer bietet eine Begrünung Kühle, im Winter schützt sie vor Kälte. Wer sich nicht an Haftwurzler herantraut, kann es ja mit einem Spalier probieren. Eine Kletterrose oder Spalierobst kann auch eine tolle Möglichkeit sein, die Südseite eines Hauses zu begrünen.

Weniger Versiegelung

Wie schon bei der Dach- und Fassadenbegrünung ausgeführt, sorgt viel Versiegelung für eine größere Verdunstung und daher auch für mehr Hitze. Bei starken Regengüssen kann Regenwasser nicht in den Boden versickern, sondern muss anderweitig abfliessen. Die öffentliche Kanalisation ist bei Starkregen meist überlastet. In den letzten Jahren konnte man nach starken Regenfällen oft Bilder aus der Berliner Innenstadt sehen, wo einige Straßenzüge unter Wasser stehen. Bei starken Regenfällen sind die Gullis nicht mehr in der Lage, die Wassermassen aufzunehmen und alternative Sickerflächen wurden aus Platzmangel nie angelegt.

Weniger Versiegelung lässt also mehr Versickerung von Regenwasser zu.

Jede Sitzecke im Garten und alle Wege zu versiegeln kann aber zu mehr Wärme führen. Alternativ können Sitzplätze und Wege auch einfach nur mit Hackschnitzeln oder Kies ausgelegt werden.

Dass Schottergärten einer Versiegelung gleich kommen, kann man deutlich spüren, wenn man in einem steht. Die Steine halten die Hitze über lange Zeit. Pflanzen, die hier als Hingucker gepflanzt werden, werden im Sommer extremer Hitze ausgesetzt.

Sinnvolle Alternativen sind zum Beispiel bepflanzte Auffahrten mit Rasengittersteinen, Pflasterfugenbegrünung oder speziell angelegte Magerbeete, die vom Pflegeaufwand her mit einem Schottergarten vergleichbar sind, in denen aber Blumen wachsen, die mit dieser Art Boden gut zurecht kommen.

Sonnenexponierte Stellen

Gibt es Stellen im Garten, wo der Rasen immer als erstes braun wird? Im letzten Jahr habe ich in der trockenen Periode im Mai die Rasenfläche genau beobachtet und habe die schlimmsten Stellen einfach in Beete umgewandelt. Wer möchte den braunen Rasen, wenn er dafür Kräuterbeete mit mediterranen Kräutern haben oder eine Wildblumenwiese anlegen kann, die der Hitze einfach besser trotzt? Durch genaue Beobachtung kann man solche Bereiche einfach umwandeln und sich dem Klima anpassen.

Gärtnern im Klimawandel
Der trockenste Teil des Rasens wurde zum Wildblumenhügel

Weitere Möglichkeiten wären die Anlage eines Steingartens oder eines Präriebeetes an exponierten Stellen. Hier wachsen Pflanzen, die mit extremen Wetterbedingungen nicht so große Probleme haben, da sie besonders tief wurzeln oder sich durch die Blattform anpassen. Hat man im Winter aber sehr kalte Temperaturen sollte man auf frostresistente Bepflanzung achten.

Vielfalt statt Monokultur

Diese Lektion durfte ich gleich zu Beginn meiner Gartenkarriere lernen. Unser Vorgänger liebte Lilien. Er hatte eine große Anzahl an Lilien und Kaiserkronen in den Garten gepflanzt. Einen der ersten Käfer im Garten lernte ich daher gleich kennen: das Lilienhähnchen. Ich habe einiges umgepflanzt und auch weggeben. Im letzten Jahr sind zum ersten Mal Kaiserkronen wieder zur Blüte gekommen, denn die Zahl der Lilienhähnchen hat sich verringert.

Da unsere Pflanzen bereits ausreichend Stress durch das Wetter haben, können Schadinsekten ihnen dann den Garaus machen. Durch viel Ausgewogenheit in der Bepflanzung werden sich gar nicht so viele Insekten einer Sorte einfinden. Und wer dann das Gift weglässt, wird feststellen, dass sich dann wieder andere Tiere finden, die solche Schadinsekten als Leckerbissen mit Freude vertilgen.

Rasen oder Wiese

Beim Thema Rasen erlebt man die deutsche Gründlichkeit wie nirgends sonst, denn ein Rasen braucht Pflege ohne Ende. Kaum eine Pflanzung im Garten wird so häufig diskutiert. Wie oft vertikutieren, wie oft mähen und in welcher Stufe, was und wie oft muss gedüngt werden, was ist das beste Saatgut… Jede Woche wird der Rasen nach Unkräutern abgesucht. Wann und wie oft gewässert wird- jeder hat hier das Geheimrezept. Wir sind bereit, viel in das Grün zu investieren. Warum eigentlich? Das frage ich mich wirklich oft. Als ich im letzten Jahr entdeckte, dass in dem grünen Bezirk Berlin-Zehlendorf ein Autohändler Kunstrasen auf die Grünflächen gelegt hatte, wurde mir die Absurdität nochmal mehr vor Augen geführt.

Gärtnern im Klimawandel-Wiese
Wächst nur auf der Wiese

Als Kinder haben wir es doch geliebt, im Rasen die kleinen Blümchen oder vierblättrige Kleeblätter zu finden und heute bekämpfen wir sie als Unkraut. Dabei fördern wir durch den Dünger die Unkräuter noch. Löwenzahn zum Beispiel ist eine stickstoffliebende Pflanze. Der freut sich riesig über die Frühjahrsdüngung und wächst prächtig. Kommt Trockenheit, verbrennt der Rasen, der Löwenzahn aber nicht. Durch seine tiefe Wurzel kann er viel besser mit der Trockenheit umgehen und überlebt.

Wer also klimafreundlich gärtnern möchte, sollte Rasenflächen verkleinern und über eine Umwandlung in eine Wiese nachdenken. Stellt man das Düngen ein, wird der Rasen weniger und Wiesenkräuter siedeln sich an- je nach Standort passen sie sich der Bodenbeschaffenheit an. Weniger Ausgaben, weniger Arbeit und die Insekten freut es auch- was will man mehr?

Es muss passen

Wir arbeiten im Garten oft nach dem Prinzip: Was nicht passt, wird passend gemacht. Wir wollen die Hortensie und haben nicht den passenden Boden? Egal, wir kaufen passende Erde und pflanzen trotzdem. Dazu einfach der passende Dünger und dann geht auch in Zukunft nichts schief. Aber letztlich ist dies ein Kampf ohne Ende. Aus einem Sandboden wird kein Waldboden und die Hortensie wird es auf sandigem Boden immer schwer haben. Will man wenig Arbeit und Stress haben, sollte man sich zunächst den Boden anschauen und dann die dazu passenden Pflanzen auswählen. Das Leben wird deutlich leichter, wenn man sich daran hält.

Gärtnern im Klimawandel- Wildblumen
Eine beeindruckende Schönheit: Die wilde Malve

Am besten wachsen heimische Pflanzen im Garten und wenn man sich damit einmal beschäftigt, wird man erstaunt sein, was es für hübsche Wildblumen gibt. Viele Wildpflanzen sind vom Aussterben bedroht. Kultiviert man sie im Garten, freuen sich die Insekten, die zum Teil abhängig von ganz bestimmten Pflanzen sind. Allerdings sollten Wildblumen nicht der Natur entnommen werden, wenn sie vom Aussterben bedroht sind. Es gibt in der Zwischenzeit Gärtnereien, die sich darauf spezialisiert haben, Wildpflanzen zu verkaufen.

Kreislaufwirtschaft

Kreislaufwirtschaft hat durchaus auch etwas mit dem Klima zu tun. Wenn wir das organische Material, das im Garten entsteht, selbst wiederverwerten, sparen wir nicht nur Geld. Das Abholen von Grünabfällen kostet Geld, ebenso das Kaufen von neuer, hochwertiger Erde. Warum also nicht selbst die hochwertige Komposterde herstellen?

Gärtnern im Klimawandel- Recycling
Die Kompostecke in meinem Garten

Organisches Material kann auch als Mulch verwertet werden. Eine Mulchschicht sorgt in trockenen Phasen dafür, dass der Boden feucht gehalten wird. So kann die Verrottung direkt im Beet stattfinden und der Boden wird nicht ausgelaugt. Hier entsteht ein Geben und Nehmen, denn die Bodenlebewesen sorgen direkt vor Ort dafür, dass hochwertiger Humus mit allem, was unsere Pflanzen brauchen, entsteht.

Geben und Nehmen kann man auch sonst fortführen. Durch einen Tausch von Ablegern in der Nachbarschaft kann man sich so manche Fahrt zum Gartencenter sparen. Denn Gärtner geben nur Ableger von Pflanzen ab, die bei ihnen gut wachsen. Also werden sie vermutlich auch im eigenen Garten gut zurecht kommen.

Muss das wirklich weg?

Muss jedes Unkraut wirklich weg? Unkräuter haben oft einen sehr schlechten Ruf. Nehmen wir zum Beispiel die Brennnessel. Ich persönlich habe sie auch nicht gerne überall. Aber an einer Stelle im Garten darf sie wachsen. Die Brennnessel nutze ich nämlich zum einen gerne, um Jauche anzusetzen. Zum anderen dient sie 36 Raupen von Schmetterlingsarten als Futterpflanze. Wer also zum Beispiel das Tagpfauenauge gerne in seinem Garten sieht, sollte wissen, dass die Raupe des Tagpfauenauges ausschließlich an der Brennnessel groß werden kann. Vielleicht gibt es dann ja doch eine Ecke im Garten, wo sie wachsen darf.

Gärtnern im Klimawandel- Schmetterlinge
Hätte gern die Brennnessel als Kinderstube: Das Tagpfauenauge

Dem Holzschnitt habe ich bereits einen eigenen Beitrag gewidmet. Auch hier muss nicht alles zur Kompostieranlage gefahren werden. Vieles lässt sich im Garten wiederverwenden.

Gärtnern im Klimawandel

Gärtnern im Klimawandel ist also möglich und nicht unbedingt teuer- im Gegenteil. Auch die CO2-Bilanz wird besser und die Insektenwelt würde erfreut sein, wieder mehr heimische Stauden in unseren Gärten vorzufinden.

Und es ist ja auch nicht notwendig, gleich den gesamten Garten umzuwandeln. Nach und nach kann man einzelne Bereiche verändern und Pflanzen ersetzen, die krank oder abgestorben sind.

Blogbeiträge, die hierzu passen:

Kompost- von Abfall zu Humus

Bodenbestimmung 1

Bodenbestimmung 2

Über das Lilienhähnchen

Der Teicheinbau

Zu viel Holz vor der Hütte?

Buchtipps zum Weiterlesen:

Bei den folgenden Links handelt es sich um Affiliate Links. Das bedeutet, dass ich eine kleine Provision erhalte, wenn die Bücher über diese Links gekauft werden. Die Kosten für die Provision werden von Amazon gezahlt. Man kann die Bücher aber auch in jedem Buchladen erwerben.

Annette Lepple: „Garten ohne Giessen“, Ulmer Verlag

Markus Gastl: „Mehr Natur im Garten“, Ulmer Verlag

Elke Schwarzer: „Heimische Pflanzen für den Garten“, Ulmer Verlag

 

 

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.